Der Klang des Sommers

Semi (). In jedem Anime mit etwas Realitätsbezug kann man sie hören. In Manga wird das Geräusch, das sie von sich geben, genutzt um Stille darzustellen (しーーんauch wenn es alles Andere als leise ist). Und es gibt sogar ein Kinderlied über sie, das ihr hier anhören könnt. Es nennt sich „Semi no Uta“, also „Lied der Semi“ (Aber bitte wegen des Copyrights nach 24 Stunden wieder von der Festplatte löschen)
Sie sind die japanische Antwort auf das, was bei uns als Zikade bekannt ist und gewissermaßen das Gegenstück zum Zirpen unserer Grillen. Aber wirklich etwas über sie zu schreiben, gestaltet sich als ganz schön schwierig, besonders weil man sie auch kaum zu Gesicht bekommt.
Ziemlich genau nach Ende der Regenzeit – also mit Sommerbeginn – tauchen sie auf, nachdem sie sieben Jahre unter der Erde verbracht haben, und erf
üllen nicht nur ländliche Gegenden mit ihrem „Gesang“. Zwar ist dieser über weite Strecken zu hören, aber sobald sich ihnen jemand nähert, verstummen sie schlagartig und sind darum auch nicht zu finden.
Und damit nicht genug, es gibt n
ämlich sogar mindestens drei verschiedene Arten von Semi, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob ich sie wirklich korrekt voneinander unterschieden habe, die englische Wikipedia ist an dieser Stelle nämlich überfragt.

Hier mal eine kleine Tonprobe, bei der man zumindest zwei davon hören kann. Das gleichmäßige Kratzgeräusch (ssse—) im Hintergrund stammt von zahllosen „normalen“ Semi, das unterbrochene Zirpen (mi–mi–mi) von einer Nii-nii-zemi (にいにい蝉) und die Nebengeräusche vermutlich von einem amerikanischen Flugzeug im Landeanflug auf Atsugi sowie ein paar Krähen).
Die dritte Art von Semi, die nur am sp
äten Nachmittag singt (Tsuku-tsuku-ho–) trägt übrigens den passenden Namen „Tsukutsukubōshi“(つくつく法師), diese Form tritt aber erst im Spätsommer auf.

Was man von Semi zu sehen bekommt, sind ihre Panzer, die zurückbleiben, wenn sie sich häuten. Dieser hier stammt vermutlich von den einfachen Semi, wenn man davon ausgeht, dass die, die man am meisten hört, sich auch am meisten häuten, denn diese Panzer findet man mancherorts wirklich zu Dutzenden. Schon seltsam, dass sie sich dafür meist Stellen suchen, an denen man sie sehen kann, und ansonsten im Verborgenen sitzen. Aber wahrscheinlich hat das den Zweck, hungrige Vögel etc. abzulenken. Wer hat schon Appetit auf Chitinpanzer?

Ansonsten bekommt man Semi nur zu Gesicht, wenn sie nach einigen Wochen ihre Pflicht getan haben (Partnersuche, Eiablage) und das Zeitliche segnen. Dann sterben sie nämlich gewissermassen „wie die Fliegen“ und liegen überall herum.

Weil ich aber nicht so lange warten wollte und mir ausserdem eine Semi den Gefallen getan hat, gestern auf unserem Balkon zu liegen, konnte ich auch das dokumentieren.

Dieses Exemplar hier war aber ganz entgegen meiner Erwartungen noch nicht dahin geschieden, sondern war wahrscheinlich nur gegen die Balkontür geflogen und konnte sich nicht mehr aus seiner Rückenlage befreien. So hatte also meine Fotomanie auch ein Gutes, denn nachdem ich es für dieses hübsche Bild hier umgedreht hatte und das Tierchen dann mit der guten, alten Glas-und-Postkarte-Technik vom Balkon befördern wollte, ist es davongeflogen.

Wünschen wir ihm, dass es seinen Partner noch rechtzeitig findet, bevor es das nächste Mal – und dann wohl endgültig – auf dem Rücken liegt.

Und wünschen wir mir, dass ich nicht noch einmal so eine riesige Schreibblockade (auch bekannt als Faulheit) bekomme ^ .^‘.

P.S. Wer jetzt immer noch nicht genug von Semi hat, der kann ja mit dieser Anleitung mal eine basteln.